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Vor 40 Jahren Grundsteinlegung Wohnkomplex "Max Reimann"
Reimannviertel geplant mit Hallenbad, Sauna, Bibliothek und Poliklinik

maxe. Am 28. Januar 1976 beschloß der Rat des Kreises Eberswalde die Gesellschaftspolitischen und volkwirtschaftlichen Zielstellungen für den Wohnkomplex »Spechthausener Weg«, wie das Neubaugebiet in der Planungsphase genannt wurde.(1) Die Beschäftigten des neu gebauten SVKE benötigten Wohnraum, und so wurde, ganz in der Nähe, auf einem 82 ha großen forstwirtschaftlich genutzten Gebiet südlich der Chemischen Fabrik ein Wohnkomplex von der Größe einer Kleinstadt konzipiert.

Das vom VIII.Parteitag der SED beschlossene Wohnungsbauprogramm bildete das Kernstück des sozialpolitischen Programms der DDR-Regierung. Die Lebensbedingungen der Menschen, gerade auch in der Freizeit, sollten mit komfortablen Wohnungen verbessert werden. So wurde an einem Dienstagnachmittag, am 19. Juli 1977 in der Nähe des Spechthausener Weges der Grundstein für das größte Neubaugebiet von Eberswalde gelegt.


Der Vorsitzende des Rates des Kreises, Genosse Horst Copitzky, schwang symbolisch den Hammer, um eine Kassette mit dem Lageplan des Neubaugebietes sowie mit einem »Neuen Deutschland« und einem »Neuen Tag« einzumauern. Mit folgenden Worten taufte er das neu zu bauende Wohngebiet:

»Dieses Wohngebiet soll den Namen unseres unvergessenen Max Reimann tragen. Max Reimann, Arbeiterführer, Kommunist und Ehrenbürger unserer Kreisstadt, wird damit ein ehrendes Denkmal erhalten. Wir möchten damit all die Antifaschisten ehren, die durch ihre unbeugsame Haltung in der finsteren faschistischen Vergangenheit, durch ihre Tat dem Finowtal den Beinamen »Rotes Finowtal« verliehen.«(2)
Einen Monat früher, am 22. Juni 1977 faßte der Rat des Kreises Eberswalde den Grundsatzbeschluß(5) zu den Investitionsaufwendungen für die Errichtung der Neubauten: die Summe für den 1. Bauabschnitt betrugen 57 Mio Mark und für den 2. Bauabschnitt 49 Mio Mark der DDR. Insgesamt waren 6672 Wohnungen geplant, in denen 18.000 bis 21.000 Menschen leben sollten. Laut einem Politbürobeschluß vom 24. April 1973 kam dabei ein ganz bestimmter Wohnungsschlüssel zur Anwendung, mit dem folgende Wohnraumgrößen gebaut werden sollten:

  665 1-Raum-Wohnungen = 11,1 %
1101 2-Raum-Wohnungen = 18,3 %
3194 3-Raum-Wohnungen = 52,1 %
1036 4-Raum-Wohnungen = 17,2 %
   76 5-Raum-Wohnungen =   1,3 %

Holger Kliche vom Autorenkollektiv des Geschichtswissenschaftlichen Institutes Eberswalde bewertete 2010 die Entscheidung zum Bau des Wohngebietes: »Die günstigen topographischen Verhältnisse und die technisch unklomplizierte Erschließung wegen des geringsten Abrisses und der Verlagerungskosten und der guten Anbindungen zu den nördlich gelegenen Arbeitstätten gaben schließlich den Ausschlag zur Standortwahl.«(3)

Mit den gleichen Worten erläuterte Kreisarchitekt Heinz Maske im Heimatkalender des Kreises Eberswalde für das Jahr 1979 die Standortentscheidung. In dieser Publikation stellte er zurückblickend auch die Bebauungskonzeption für das Max-Reimann-Viertel vor:

»Hierbei wurden eindeutige Straßenräume mit den technisch und stadthygienisch maximalen Raummaßen in Kontrast zu den vorgesehenen intimen Wohninnenhöfen gesetzt, die großräumig ca. 60 x 60 bis 130 x 130 Meter angelegt werden, um eine sinnvolle Nutzung und den zusammenhängenden Baumbestand erhalten zu können. Um eine Monotonie in der Raumgestaltung zu vermeiden, weist jede Wohngruppe ihre eigene und typische Raumproportion auf.«(4)
In der Endausbaustufe, nach Fertigstellung aller Bauabschnitte, seien folgende Einrichtungen geplant gewesen:
  • Mehrzwecksaal, Zirkelräume
  • Wohngebietsgaststätte
  • Fachverkaufseinrichtungen
  • Zweigbibliothek und Volksbuchhandlung
  • Blumenverkaufshalle
  • Dienstleistungsbereiche
  • Sparkasse / Post
  • Poliklinik / Apotheke
  • Jugendklub
  • Hallenbad und Sauna(4)(5)
Heinz Maske, der Architekt legte 1979 weiter dar, daß im Wohngebiet durch Komposition, Zuordnung, Farb- und Materialauswahl eine gestalterische Einheit und Differenziertheit der einzelnen Bereiche erreicht wird, die zu einem höheren Niveau der Stadtgestaltung führt. Erstmals im Bezirk Frankfurt/Oder und darüber hinaus wurde der vorhandene Waldbestand in die Wohngebietskonzeption einbezogen.(4)

Am 1. April 1978 wurden die ersten Wohnungen im 1. Bauabschnitt an 40 Bewohner übergeben.(3) Im Juli 1978 beschloß die 24. Tagung des Rates der Stadt Eberswalde die ersten Straßenbenennungen im Wohngebiet »Max Reimann«. Bis 1979 enstanden dann 1100 Wohnungen für SVKE-Beschäftigte. Am 25. November 1986 meldete der "Neue Tag" die vorfristige Eröffnung der zweiten Kaufhalle (die Öffnungszeiten beschloß der Rat der Stadt), und einen Monat später die Fertigstellung von 586 neuen Wohnungen im Jahr 1986. (1)(6)

Am 8. November 1987, zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution, rollten die ersten Obusse durch den Kiez. Die bisher eingesetzten Kraftomnibusse wurden durch elektrifizierte Busse des Typs IKARUS 280 T ersetzt. Hierbei unterstützten der Kraftverkehr Weimar und Potsdam die Eberswalder mit zwei Bussen. Um 3.50 Uhr fuhr die erste reguläre Fahrt von der Allendestraße bis Nordend. Die Taktung der Obusse war dabei alle 6 min (5-8 Uhr), alle 15 min (8-14.30 Uhr) und am Nachmittag alle 8 min (14.30-17.30 Uhr). Später am Abend dann alle 15 bzw. 20 min. (7)

Zwei Jahre später sollte die Mauer fallen und so kam es nicht mehr zur Fertigstellung des Wohngebietes. Am 2. März 1990 beschloß die Stadtverordnetenversammlung von Eberswalde die Überarbeitung der Bebauungskonzeption für den Stadtteil »Max Reimann«. Mit dem Beschluß der Stadtverordnetenversammlung Nr. 16 - 103/91 vom 13. Juni 1991, unterzeichnet von Dr. Hans Mai (Bürgermeister), vollzog die Stadt Eberswalde einen Schlußtrich unter 40 Jahre Arbeiter- und Bauern-Staat:

Neben der Leninstraße (Eberswalder Str.), dem Platz der Freundschaft, der Ernst-Thälmann-Straße (Heegermühler Str.) und der Umbenennung des gesamten Wohngebietes in »Brandenburgisches Viertel«, wurden sämtliche Straßen des DDR-Neubaugebietes per Dekret umbenannt, aus Kostengründen allerdings erst anderthalb Jahre später umgesetzt.(1)

Aus der Walter-Ulbricht-Straße wurde die Rathenower Straße, aus der Georg-Ewald-Straße die Cottbusser Straße, aus der Dr.-Salvador-Allende-Straße die Potsdamer Allee, aus der Max-Reimann-Straße die Frankfurter Allee, aus der Karl-Maron-Straße die Beeskower Straße, aus der Otto-Winzer-Straße die Nauener Straße - usw. usf.

Mit rotem Klebestreifen wurden die Namen von Antifaschisten und Sozialisten überklebt, solange bis neue Schilder und Ständer installiert waren, die die Stadt Eberswalde mit der neuen harten Währung bezahlen konnte.

Zur weiteren Entwicklung des Viertels ab 1990 verweisen wir auf diesen Artikel.

(jg) - 1. August 2017

Anmerkungen:
(1) Quelle: Kreisarchiv Barnim
(2) Tageszeitung "Neuer Tag" vom 22. Juli 1977 (Kreisarchiv)
(3) "Von der Bodenreform zur Wurstfabrik" - Wege zur industriellen Produktion in der Landwirtschaft im Raum Eberswalde / 1. Auflage Eberswalde 2010 / Autorenkollektiv unter Leitung von H. Kliche
(4) "Ein neues Wohngebiet entsteht" - Städtebauliche Betrachtungen zum Wohnkomplex "Max Reimann" in der Kreisstadt Eberswalde-Finow von Heinz Maske, Architekt BDA/DDR - Kreisarchitekt - / Heimatkalender des Kreises Eberswalde für das Jahr 1979; Herausgeber: Rat des Kreises, Abteilung Kultur
(5) Grundsatzbeschluß des Rates des Kreises Eberswalde vom 22. Juni 1977 zu den Investitionen im 1. und 2. Bauabschnitt des WK "Max Reimann" - Quelle: Kreisarchiv Barnim
(6) Tageszeitung "Neuer Tag" vom 25. Nov. 1986 und vom 2. Dez. 1986 (Kreisarchiv)
(7) Tageszeitung "Neuer Tag" vom (ohne Angabe). November 1987 (Kreisarchiv)

Bildnachweis:
Grundsteinlegung am 19.7.1977 (Autor unbekannt)
Foto aus der Bauphase am 1.10.1979 - Herbert W. Brumm, Gramzow
(Quelle: Kreisarchiv Barnim)




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