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75 Jahre Obus in Eberswalde
Gestern, heute, morgen
Schon zeitig machten sich viele Eberswalder und ihre Kinder am Morgen des 12. September auf den Weg,
um dabei zu sein, wenn die Barnimer Busgesellschaft den Tag der Offenen Tür feiert. Zum 75. Jubiläum des
Strippenbusses im Finowtal wurde viel geboten: fast alle Traditionsmodelle des ehemaligen VEB Kraftverkehr
waren zu bestaunen, darunter der berühmte Skoda-Bus mit Anhänger, der in Sonderfahrten den ganzen Tag über
in der Stadt zu sehen war. Dieses Modell fuhr in den 1960ern und 1970ern durch Eberswalde, bevor es ab 1985
durch die orang-gelben ungarischen Ikarus-Gelenkbusse ersetzt wurde.
Bis dahin wendete der O-Bus auch schon an der Boldtstraße, und die Finower mußten in Dieselbusse umsteigen.
Damit die neuen Bewohner des Brandenburgischen Viertels nicht immer durch den Westender Wald nach Hause laufen
mußten, wurde der Obus-Verkehr im November 1987 endlich erweitert; die Spechthausener, Max-Reimann- und ein
Stück der Dr. Salvador-Allende-Straße (die letzten beiden heute Frankfurter und Potsdamer Allee) wurden
elektrifiziert. Somit steuerte der Nordender Bus das damals begehrte Wohnviertel an, im Berufsverkehr wurde zum Teil
im 4-Minuten-Takt gefahren.
Im Juli 1990 wurde dann der Abschnitt von der Spechthausener Kreuzung zum Kleinen Stern in Finow in
Betrieb genommen. Im Jahr 1993 wurde dann die Lücke zwischen dem Kleinen Stern in Finow und der Potsdamer
Allee im Brandenburgischen Viertel geschlossen. Auf dem entstandenen Ring ab der Spechthausener Kreuzung
verkehrten die beiden Obus-Linien nun gegenläufig. Der Nordender Bus fährt zuerst nach Finow und dann über
das Brandenburgische Viertel, während der Ostender zunächst den direkten Weg ins Brandenburgische Viertel
nimmt, um dann weiter nach Finow zu fahren.
Einige Jahre nach der Wende kam das Aus für die Ikarus-Busse. Der Linienverkehr wurde 1993-95 mit
Gelenkbussen der Österreichischen Automobilfabrik (ÖAF), einer Tochter des deutschen MAN-Konzerns
ausgestattet. Man konnte ja jetzt in D-Mark kassieren - also konnte man auch in D-Mark investieren.
Natürlich stiegen die Preise des Öffentlichen Nahverkehrs von Jahr zu Jahr, nachdem zuvor 40 Jahre lang
unveränderte Preise galten (15 Pfennige für eine Einzelfahrt bzw. für 12 Pfennige mit Sammelkarte,
Kinder bezahlten 10 Pfennige); und während man 1972 im Skoda-Bus schon mal mit einem Knopf bezahlen
konnte, den man in die Hebel-Dreh-Box einwarf, um einen Fahrschein zu bekommen, wachen heute die
Busfahrer am Einstieg mit Argusaugen darauf, daß man auch ja einen gültigen Fahrausweis besitzt.
Die neuesten Modelle der Barnimer O-Bus-Gesellschaft sind polnische Solaris-Hybridfahrzeuge,
die entweder im Normalbetrieb unterwegs sind, oder, nach Abkopplung der Stangen, im Diesel- oder
Batteriebetrieb weiterfahren können. Wenn die Innenstadt wegen der zahlreichen Feste gesperrt ist,
macht sich das bezahlt. Auch die normale Linienführung, so der neueste Plan des zuständigen Kreises
Barnim, soll teilweise im Hybridmodus gefahren werden. Damit sollen dann Gebiete in Finow, wie die
Biesenthaler Straße oder die Messingwerksiedlung erschlossen werden, ebenso die Ringstraße.
Was die Zukunft auch bringt, der Traditionsverein der O-Bus-Freunde, kümmert sich weiterhin
um die alten Modelle, hält sie in fahrbereitem Zustand, damit die Kinderherzen höher schlagen,
wenn sie sich in den Führerstand setzen können, aber auch die Augen mancher Erwachsener leuchten
auf, wenn sie den Schulbus der Kindheit entdecken und so manche Erinnerung wieder wach wird...
Jürgen Gramzow – veröffentlicht am 17. September 2015
(Erstveröffentlichung in: »Barnimer Bürgerpost« 9/2015
vom 15. September 2015. Mit freundlicher Genehmigung)
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