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Finower Pfarrer Martin Appel verabschiedet:

"Schön ist es,
auf der Welt zu sein ...

... sagte die Biene zu dem Stachelschwein." Das sangen die Kinder der Kita "Arche Noah" beim nachmittäglichen Gottesdienst in der Friedenskirche zu Finow am letzten Augustsonntag. Das Gotteshaus war bis auf den letzten Platz mit Besuchern gefüllt, die dem Gemeinde-Pädagogen Martin Appel zur Verabschiedung in den Ruhestand ihre Reverenz erwiesen. Auch war in dem Lied der Kinder zu hören, daß man sich doch "nur ein bißchen Freiheit" wünscht.

Marianne Gerngroß, Erzieherin in der Kita, wünschte dem Gemeindeseelsorger alles Gute für seinen nächsten, freieren Lebensabschnitt, verbunden mit der Einladung, doch auch einmal so, jenseits von Hektik und Streß, in der Cottbuser Straße bei den Kindern und auf eine Tasse Kaffee vorbeizuschauen. Natürlich sangen auch die Besucher die Lieder des Gottesdienstes - mal mehr, mal weniger sicher - begleitet von der Orgelmusik des Hauses.

An diesem Nachmittag konnte man verstehen, ja fühlen, warum Kirchen so hoch und mächtig gebaut sind. Es ist einfach eine biophysikalische Notwendigkeit: dreihundert singende Lungen verbrauchen schnell den vorhandenen Sauerstoff, und ohne den großen Kirchenraum könnte ein Gottesdienst nicht 90 Minuten, sondern nur eine Viertelstunde andauern. Draußen waren es 30 Grad und auch in der Kirche steckte noch die Hitze des Sommers.

Trotz des Sommerwetters kamen Stadtpolitker aller Coloeur im besten Sonntagsanzug zu diesem wichtigen Gemeindeakt, darunter Otto Baaz, Günter Spangenberg und Carsten Zinn vom Alternativen Wählerbündnis Eberswalde, das in Finow eine starke Basis hat. Auch Kulturstadtsekretär Bellay Gatzlaff kam als Vertreter der Rathausspitze mit einem großen Abschiedsgeschenk. Kaum hatten die zahlreichen Gäste nach dem Gottesdienst ihren Kuchen und den Becher Kaffee in der Hand, verdunkelte sich der Himmel und ein heftiger langandauernder Regen, verbunden mit Blitz und Donner, zwang die Besucher ins neu fertiggestellte Gemeindehaus, oder in die Sakristei, wo man der Probe des Kirchenchores lauschen konnte.

Im Gemeindehaus war die Luft schnell verbraucht, während ein frischer Wind durch die geöffneten Tore der Kirche wehte. Martin Appel verabschiedete vorher auf der Schwelle des Kirchenhauses jeden Besucher persönlich, was als eine besondere Geste empfunden wurde. Er selber dankte in seinen Abschiedsworten den zahlreichen Gästen für ihr Kommen und erinnerte an die schwierige Zeit der Kirche in der DDR. An Zeiten, in denen es nicht einfach war, sich zum Glauben an Jesus Christus zu bekennen. Und er erinnerte an die immer kleiner werdenden Kirchengemeinden, an das Schrumpfen und Älterwerden, ein Problem, das gottweiß noch nicht überwunden ist.

Angesichts des übervollen Gotteshauses - gibt es da in dieser Hinsicht einen Hoffnungsschimmer? Vielleicht sollte man den Gottesdienst immer erst um 14 Uhr stattfinden lassen, und zwar, wenn man ausgeschlafen hat. Und wenn es Kaffee und Kuchen gratis gibt. Die Kirche muß eben mit der Zeit gehen und neue Wege finden ...

"Nur ein bißchen Freiheit ..." - das wünschte sich auch ein großer brauner Schmetterling, der aufgeregt über den zahlreichen Köpfen in der Kirche hin- und herflog. Just in diesem Moment erzählte ein Kita-Mädchen vorne beim Altar von einer nimmersatten Raupe, die montags Äpfel frißt, dienstags Birnen, mittwochs Pflaumen, donnerstags Erdbeeren, und sich freitags und samstags derart überfrißt, daß sie am Sonntag nur noch ein kleines grünes Blatt zu sich nehmen kann. Aber dann, wir kennen das Ende, wird aus der Raupe ein wunderschöner Schmetterling.

Durch die geöffneten Tore der Kirche schließlich, konnte der gefangene Falter in die Freiheit, in die schwülwarme Luft eines Finower Augustnachmittages.

Jürgen Gramzow – 30. August 2015




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