Gestalteter Wald
maxe. Die letzte Dekade im Dezember 2024 schmückte ein Foto mit Skulpturen der Künstlerin Anne Ochmann, deren Werke aktuell auch in der Galerie Fenster im Freizeitschiff in der Prignitzer Straße 50 zu sehen sind, den Top-Bereich unserer Internetseite. Wir schrieben unter dem Foto:
»Kunst im Wald, genauer gesagt im Innenhof eines Wohnquartiers der Eberswalder Wohnungsgenossenschaft, in dem bisher ein weitgehend naturbelassener kleiner Wald wachsen konnte. Die künstlichen Gebilde sind offenbar den Nestern von Waldameisen nachempfunden. Sehr schön. die Künstlerin hat sich sicher etwas dabei gedacht. In anderen Innenhöfen gibt es noch lebendige Waldameisen. In diesem neu gestalteten Wald können lebende Waldameisen nicht mehr vorkommen. Es fehlen die entsprechende Lebensbedingungen. Hoffentlich bleibt den Innenhöfen mit lebendigen Waldameisen eine solche Neugestaltung erspart.«
Seitdem das Foto und der Text im Top-Bereich durch neue Bilder und Nachrichten ersetzt wurden, gingen mehrere Anfragen und Meinungsäußerungen bei MAXE ein.
Da waren zum einen Fragen nach dem konkreten Ort, wo diese Kunstwerke aufgestellt wurden, und zum anderen nach den Intentionen der Künstlerin und der Wohnungsgenossenschaft.
Da gab es zum einen Lob für die Genossenschaft 1893, daß sie auf solche Weise Künstler fördert, aber auch Bedenken, weil das ja letztlich von den Genossenschaftsmitgliedern über die Nutzungsentgelte für die von ihnen genutzten Genossenschaftswohnungen bezahlt werden muß.
Und es gab auch einige kritische Anmerkungen, die wir natürlich auch nicht verschweigen wollen.
Zur ersten Frage: Die Skulpturen von Anne Ochmann wurden im Hof des sogenannten Oderbruchquartiers aufgestellt, also im Innenhof zwischen der Oderbruchstraße 2 bis 16 und der Prenzlauerstraße 25 bis 52.
Zu den Intentionen, welche die Künstlerin mit ihren insgesamt elf Mosaikplastiken verfolgt, konnte sie am Abend des 9. Januars persönlich befragt werden. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Ursula Strozynski, welche aktuell die Parallelausstellung in der Galerie Fenster bestreitet, stand sie im Rahmen eines Galeriegesprächs sicherlich nicht nur den Fragen des Veranstalters Udo Muszynski Rede und Antwort.
Ob und inwieweit es seitens der Vertreterversammlung der Wohnungsgenossenschaft 1893 einen Beschluß gibt, bei Investitionen einen bestimmten Teil der Mittel für »Kunst am Bau« zu reservieren, ist der MAXE-Redaktion nicht bekannt. Im Rahmen der etwa 60-Millionen-Euro-Investition in die verschiedenen Quartiere des Genossenschaftsprogramms »BRAND VIER« machen die Ausgaben für die künstlerische Gestaltung sicherlich nur einen sehr geringen Bruchteil aus. Ein Sparen an dieser Stelle hätte wohl kaum Auswirkungen auf die Höhe der geforderten Nutzungsentgelte für die neusanierten Wohnungen in diesen Quartieren. Zumal für die Wohnungsnutzer im Bestand die Kappungsgrenze für den Modernisierungszuschlag in Höhe von 2 Euro je Quadratmeter gilt.
Kritische Anmerkungen gab es allerdings zum generellen Umgang mit dem kleinen Wald im Innenhof des Oderbruchquartiers. Bereits vor Beginn der Baumaßnahmen war dort nicht nur das vorhandene Unterholz, sondern auch der natürliche Waldboden entfernt worden.
So schrieb ein MAXE-Leser: »Was die 1983 da macht, ist eine faktische Waldentwidmung, denn ein Wald besteht nicht nur aus Bäumen, sondern auch aus dem Waldboden und den Vögeln. Letztere werden keine Nahrung mehr finden und in andere Höfe abwandern, wo der Revierkampf stärker wird. Ob Waldbäume ohne Waldboden existieren können, wird sich noch zeigen.«
Ein anderer wies auf Gefahren durch Vandalismus hin: »Die Schmierfinken werden sich der Kunst annehmen. Übrigens brennen hölzerne Fahrradhütten auch sehr schön...«.
Zu letzterem wird es hoffentlich nicht kommen. Und die Wunden, die dem kleinen Wald durch die »Gestaltung« zugefügt wurden, könnten bei sorgsamen Umgang, also insbesondere den Verzicht auf übertriebene »Pflegemaßnahmen«, möglicherweise auf natürliche Weise heilen.
Anna Fröhlich – 9. Januar 2025
Nachtrag (10. Januar 2025):
Inzwischen fanden sich weitere Meinungen zu dem »gestalteten Wald« im Postfach der MAXE-Redaktion, die wir unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten wollen.
Hierbei wird nochmals die fehlende Einbeziehung und Mitbestimmung der betroffenen Mitglieder kritisiert und vermutet, »daß sich einige Wenige damit ein Denkmal setzten« wollten.
Es zeichne sich ab, »daß es eine Hundeauslauffläche geworden ist. Die angedachte Kindervergnügungsmeile wird es so nicht geben. Bisher ist mir nicht eine Hundekot-Sammelbox aufgefallen. Mir stellt sich eine weitere Frage: Das einstige Unterholz ist durch Gestaltung einer Kulturlandschaft gewichen. Sind die Neuanflanzungen heimisch und somit insektenfreundlich? Sind die Früchte dieser Gewächse für Kinder ungefährlich?
Schließlich wurde beobachtet, daß begonnen wurde, Holzbohlen auf den Alu-Gerüsten anzubringen. Der einstige Trampelpfad werde so erheblich aufgewertet. »Bei der Vielzahl an Niederschlägen war das wohl eine notwendige Maßnahme, um den Pfad weiterhin wie gewohnt nutzen zu können.«
Siehe auch:
»Galeriegespräch im Schiff«
»Bauarbeiten im Kiez«
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