Ein Ortsbeirat für den Kiez
maxe. Die Fraktion Die PARTEI Alternative für Umwelt und Natur in der Eberswalder Stadtverordnetenversammlung hat für die Dezembersitzung eine Beschlußvorlage eingebracht, mittels der alle Ortsteile der Stadt Eberswalde wieder eine Ortsteilvertretung in Form eines Ortsbeirates erhalten sollen. Auch das Brandenburgische Viertel würde so wieder zu einer Ortsteilvertretung kommen.
Aktuell verfügen nur die dörflichen Ortsteile Sommerfelde, Tornow und Spechthausen über Ortsteilvertretungen. Mit dem neuen Ortsteil Clara-Zetkin-Siedlung kam ein weiteres Gebiet mit spezieller Vertretung hinzu. Die vier städtischen Ortsteile Eberswalde 1 und 2 sowie Finow und das Brandenburgische Viertel sind hingegen seit den Kommunalwahlen 2014 »Ortsteile ohne Vertretung«.
Damals hatten sich zwar jeweils mehrere Kandidaten um das Amt des Ortsvorstehers beworben, allerdings konnte keiner im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit erringen. Im zweiten Wahlgang nahmen dann zu wenige Einwohner ihr Wahlrecht wahr, so daß das Quorum von 15 Prozent der Wahlberechtigten, das laut Kommunalverfassung für alle Einzelwahlen gilt, nicht erreicht wurde.
Im Kiez erhielt zur Ortsvorsteherwahl am 25. Mai 2014 der damalige Amtsinhaber Carsten Zinn die meisten Stimmen. Mit 44,4 Prozent (499 Stimmen) erzielte er, der von der im Februar 2014 gegründen Wählergruppe Alternative Liste Eberswalde (ALE) nominiert worden war, sogar das beste Ergebnis aller Ortsvorsteherwahlen in Eberswalde. Sein Herausforderer Martin Hoeck (FDP), landete mit 24 Prozent der Stimmen (270) auf Platz 3. Der Kandidat der Linken Hans-Jürgen Müller lief dem Freidemokraten mit 31,6 Prozent (355 Stimmen) den Rang ab (MAXE Nr. 21 vom Juni 2014).
Insgesamt hatten also 2014 im ersten Wahlgang für den Ortsvorsteher 1.124 Einwohner ihre Stimme abgegeben. Das entsprach einer Wahlbeteiligung von 22,2 Prozent. Um das Quorum von 15 Prozent der Wahlberechtigten zu erfüllen, hätte der Wahlsieger 762 Stimmen benötigt, was bei nur zwei Kandidaten zumindest theoretisch möglich gewesen wäre. So aber kam es am 15. Juni 2014 zu einem zweiten Wahlgang zwischen Zinn und Müller. Wieder stimmten die meisten Wähler im Kiez für Zinn (74 Prozent). Mit 400 Stimmen konnte der ALE-Kandidat immerhin 80 Prozent seiner Wähler aus dem ersten Wahlgang aktivieren. Sein Gegenpart von der Linken kam auf 143 Stimmen, nur 40 Prozent seiner Erstwähler (MAXE Nr. 22 vom August 2014)
Wie befürchtet lag die Wahlbeteiligung insgesamt damals mit 10,8 Prozent deutlich unter dem 15-Prozent-Quorum, das der Wahlsieger allein für sich erreichen mußte. Damit war die Ortsvertreterwahl zum zweitenmal in Folge »gescheitert« und der Kiez wurde gemäß Kommunalverfassung zum »Ortsteil ohne Ortsteilvertretung«.
Was für Landrats- und Bürgermeisterwahlen als angemessen angesehen werden kann, führte bei den Ortsvorsteherwahlen dazu, daß trotz des erkennbaren Interesses – es gab in allen Ortsteilen mindestens drei Bewerber – im zweiten Wahlgang das Quorum nicht erreicht wurde. Bei weniger Interesse – bei zwei oder gar nur einem Bewerber – hätten die abgegebenen Stimmen im ersten Wahlgang ausgereicht.
Dieser Mangel in der Kommunalverfassung kann ausgeglichen werden, indem künftig auch in den städtischen Ortsteilen Ortsbeiräte gewählt werden. Denn dabei gilt das Verhältniswahlrecht, wie bei den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung und es reicht aus, wenn im ersten Wahlgang eine Wahlbeteiligung von mehr als 15 Prozent erreicht wird. Das sollte trotz der allgegenwärtigen Wahlmüdigkeit auch im Brandenburgischen Viertel möglich sein.
Die Wählergruppe Alternative Liste Eberswalde gehört heute zu den Wahlträgern der Fraktion Die PARTEI Alternative für Umwelt und Natur, die nun initiativ geworden ist, um in allen Eberswalder Ortsteilen wieder Ortsteilvertretungen zu etabliewren.
Der Beschlußvorschlag, der am 12. Dezember auf der Tagesordnung der Eberswalder Stadtverordnetenversammlung steht, lautet:
- In allen Ortsteilen werden Ortsbeiräte gemäß § 45 Absatz 2 der Brandenburgischen Kommunalverfassung gebildet. Die Ortsbeiräte bestehen in Ortsteilen bis zu 5.000 Einwohner aus 3 Mitgliedern, in Ortsteilen ab 5.001 bis 10.000 Einwohnern aus 5 Mitgliedern, in Ortsteilen mit ab 10.001 Einwohner aus 7 Mitglieder.
- Die Stadtverwaltung wird beauftragt, die entsprechenden Änderungen der Hauptsatzung der Stadt Eberswalde zu erarbeiten und der Stadtverordnetenversammlung im Januar 2024 zur Entscheidung vorzulegen.
Wie der Fraktionsvorsitzende Mirko Wolfgramm in der Sachverhaltsdarstellung darlegt, sind »die kommunale Selbstverwaltung und das Subsidiaritätsprinzip ... im Grundgesetz der BRD festgeschrieben... Wir sind davon überzeugt, daß die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Eberswalde die Reife und Kompetenz besitzen, die gebotenen Möglichkeiten verantwortungsvoll und zum Wohle der Stadt Eberswalde im allgemeinen und seiner Einwohnerinnen und Einwohner im besonderen anzuwenden.«
Das Prinzip »Demokratie wagen« sei dabei nicht nur ein schöner Spruch, »sondern zunehmend ökonomische Notwendigkeit, um das Funktionieren der kommunalen Selbstverwaltung zu gewährleisten. Aufgrund der allgegenwärtigen Sparzwänge werden viele bisher dezentral vorgehaltene Funktionen der kommunalen Verwaltung zentralisiert. Außenstellen der Stadtverwaltung wurden aufgelöst, die Präsenz in der Fläche kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Umso wichtiger ist das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger in den Ortsteilen.«
(2. Dezember 2023)
Siehe auch:
Archiv der gedruckten MAXE-Ausgaben
Archiv der Alternativen Liste Eberswalde (ALE)
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