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Donnerstag, 25. April, 19 Uhr: SHARED READING mit Carsten Sommerfeldt. Stammgäste dieses besonderen Lesekreises haben sicher schon Entzugserscheinungen. Alte wie neue Gäste sind herzlich willkommen! Mehr zum Ansatz von SHARED READING hier.

In der Galerie Fenster sind noch bis zum 5. Mai Malerei, Linolschnitte und Stickarbeiten von Hannelore Teutsch und Zeichnungen von Johannes Regin zu sehen. Mehr Infos hier.


Erste Aufschüttungen für die Terrassengärten der von der Wohnungsgenossenschaft 1893 sanierten Wohnungen im Südbereich der Prenzlauer Straße.

Die nächste Stadtverordnetenversammlung findet am Donnerstag, den 25. April, um 18 Uhr statt:
Livestream der aktuellen Stadtverordnetenversammlung.

Hinein in den Wasserturm geht es erst einmal hinunter zur ehemaligen Pumptechnik. Die Messingwerksiedlung unterhalb des Turms ist ebenfalls saniert. Vom ehemaligen Wasserbehälter geht es eine Wendeltreppe hoch zur Aussichtsplattform. Kupferhaussiedlung Wer fit genug ist, kann auch die Wendeltreppe hinuntergehen. Das Torbogenhaus in der Erich-Steinfurt-Straße.

100 Jahre Grundsteinlegung:
Der Finower Wasserturm - eine ganz große Nummer!

maxe. Karl-Dietrich Laffin vom Förderverein Wasserturm Finow und Umgebung e.V. ist stolz auf das bisher Erreichte: Das Wahrzeichen von Finow und Eberswalde wurde aus dem touristischen Dornröschenschlaf erweckt und ist zu einer Attraktion der Region geworden, das sogar das Paul-Wunderlich-Haus weit in den Schatten stellt. Oben von der Aussichtsplattform blickt man hinunter auf die Messingwerksiedlung, auf die alten Fabrikhallen, auf das stillgelegte Walzwerk, auf die Finower Kirche und gleich daneben auf die langen Blöcke des Kopernikusrings.

In weiterer Ferne erspäht man den Montage-Eber des Kranbaus, das Mischfutterwerk, Lichterfelde und Finowfurt. Mit einem guten Teleobjektiv oder einem Fernglas kann man bei klarer Sicht das Zentrum von Eberswalde heranholen, wobei die Maria-Magdalenen-Kirche nur zur Hälfte aus dem Terrain herausragt, dahinter die Südender Höhen und weiter links die Hügel von Ostende. Man entdeckt die Bruno-H.-Bürgel-Schule und am Bildrand lugt die Turmkuppel der Goetheschule hervor. Der ehemalige Stahlbau-Backsteinbau des Kranbaus ist gut zu sehen und zwischen den blühenden Robinien sieht man ganz rechts unten den Turm der alten Papierfabrik Wolfswinkel.

Zwei Radfahrer-Touristen, ein Ehepaar mit westdeutschem Akzent, waren sichtlich beeindruckt und hinterließen gleich lobende Worte im Besucherbuch. Mit 3 Euro Eintritt, für Kinder nur 1 Euro, ist der Wasserturm wirklich für jedermann erschwinglich. Auch kann man bequem mit einem modernen Fahrstuhl, der 2011 eingebaut wurde, bis nach oben fahren, wo sich zwei Museumsetagen befinden. Im ehemaligen Wasserbehälter sind historische Exponate des Messingwerkes sowie des Walzwerkes museal modern präsentiert und man kann die Entwicklung des Finower Industriestandortes von den Ursprüngen an verfolgen.

Das Messingwerk produzierte schon seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts an diesem Standort in Heegermühle, wie Finow damals hieß. Mit dem Bau des Finowkanals (1743-1746) konnten die Rohstoffe für Messing - Kupfer aus dem Mansfelder Revier und Galmei aus Schlesien, aus dem dann Zink gewonnen wurde, sowie Kohle zum Brennen und Schmelzen - leichter und günstiger ins Finowtal transportiert werden. So entstand im Altwerk eine Werkhalle neben der anderen.

Im Jahre 1863 übernahm die Halberstädter Fabrikantenfamilie Hirsch das Heegermühler Messingwerk. Produkte der Messingfabrik wurden zu dieser Zeit in alle Welt exportiert, sogar bis nach Indien, wo man dann aus Messing-Rohlingen Münzen preßte. Vor allem aber dienten die Hirsch Kupfer- und Messingwerke, seit 1908 eine Aktiengesellschaft, der Produktion von Rüstungsgütern, insbesondere Munition bzw. Munitionsteile, aber auch aus Speziallegierungen gefertigte Rohre für die Dampfturbinen, mit denen Schlachtschiffe, Kreuzer und Torpedoboote der kaiserlichen Kriegsmarine ausgerüstet wurden.

Der 1. Weltkrieg brachte dementsprechend eine enorme Ausweitung der Produktion mit sich. Die Gewinne der HKM-Aktionäre vervielfachten sich. Um den steigenden Anforderungen des Militärs zu genügen, aber auch um neuwertige Produktionsanlagen für die Zeit nach dem Krieg zur Verfügung zu haben, gingen die Hirschs an den Bau einer neuen Fabrik, dem »Neuwerk«. Der Bau der neuen Fabrik wurde von 1916 bis 1920 vollzogen.

Im Zusammenhang mit dem Bau des Neuwerkes der Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG, das zum Teil direkte Kriegsbeute aus Nordfrankreich war, wurde 1916 ein völlig neuartiges Wasserwerk geplant, mit einer leistungsfähigeren Wasserversorgung für das Werk sowie für den ganzen Ort. Es entstand ein Wasserturm nach dem damals neuesten Stand der Technik. In den Turmkopf verbaute man ein Stahlbetonkorsett, einer damals neuen Ingenieurtechnik, das ihm die nötige Stabilität verlieh. Der Wasserhochbehälter garantierte einen gleichmäßigen Wasserdruck von 3 bar, wozu die damalige Pumptechnik noch nicht in der Lage war.

Das aus den Kriegsgewinnen finanzierte Neuwerk bildete die Grundlage für die erfolgreiche Umstellung auf Friedensproduktion. Modernste Technologien kamen zum Einsatz und machten HKM zum führenden deutschen Unternehmen in der Buntmetallbranche, das maßgeblich den »Messingpakt«, ein Kartell der größten deutschen Buntmetallunternehmen bestimmte. Zugleich gingen die Hirschs zur Sicherung der Rohstoffbasis etliche Auslandsbeteiligungen ein. Allerdings verspekulierten sie sich in ihrer Expansionspolitik, was in der Weltwirtschaftskrise 1932 mit der Liquidation des Hirsch-Imperiums endete. In den neu gegründeten Aktiengesellschaften waren die Hirschs nicht mehr vertreten. Das Neuwerk behielt aber den Namen Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG bei.

Nach der faschistischen Machtübernahme 1933 stand wieder die Rüstungsproduktion im Zentrum. Neue Produktionsstätten zur Massenproduktion von Munition entstanden, wofür mit der Finow Industrie GmbH eigens eine Tochtergesellschaft gegründet wurde. 1939 beschäftigte HKM einschließlich Tochter 4000 Arbeiter, die mit dem beginnenden Krieg zunehmend durch Zwangsarbeiter aus ganz Europa, Kriegsgefangene und schließlich KZ-Häftlingen aus dem Frauen-KZ Ravensbrück ersetzt wurden. 1941 übernahm AEG die HKM, dien nunmehr »Finower Kupfer- und Messingwerke AG« (FKM) hießen. Als Rüstungsbetrieb, aber nicht zuletzt auch wegen der engen Beziehungen der Werksführung zur SS, fielen die FKM nach dem Krieg fast vollständig der Demontage zum Opfer.

Im April 1945, der Krieg war so gut wie verloren, sollten aufgrund Hitlers »Nero-Befehl« alle Infrastrukturbauten gesprengt werden. Doch ein tapferer Wehrmachtssoldat, Gerhard Kessler (1917-2007), hörte lieber auf sein Herz und ließ den Turm ungeschoren, nachdem er schon die Sprengladungen angebracht hatte.

Nach dem Krieg entfernte man schnell den großen »Hindenburg«-Schriftzug am Turmkopf sowie dessen Relief im Gedenkhof, der 1930 unten zwischen den Pfeilern zu Ehren der im 1. Weltkrieg gefallenen Messingwerker angelegt wurde. Ansonsten blieb das Kriegerdenkmal zu DDR-Zeiten unangetastet. Es wurde nur höflich verschwiegen. 1958 wurde der Turm offiziell aus hygienischen Gründen für Besucher gesperrt. Dabei spielte wohl auch eine Rolle, daß man von oben einen guten Blick auf das Altwerk hatte, das jetzt von der NVA als Werkstatt genutzt wurde. Daneben konnten wegen des phänomenalen Rundumblicks auch sämtliche Flugaktivitäten der Sowjetarmee auf dem Flugplatz Finow verfolgt werden. Der Wasserturm wurde noch bis 1974 für die Wasserversorgung genutzt, doch dann erzwangen Frostschäden seine Stillegung.

Hinter dem Brandenburgischen Viertel, damals Max-Reimann-Viertel, befand sich die Einflugschneise für die Hubschrauber und MIGs der sowjetischen Streitkräfte des Flugplatzes Finow.

Ab 1990 nahmen die Frost- und Wetterschäden am ehemaligen Wasserturm zu. Alle Versuche, den Turm neu zu nutzen, scheiterten. Ehemalige Walzwerker und weitere Bürger kamen zusammen und überlegten, wie der Turm zu retten sei. Ein erster Schritt war die Ausstellung "Das Messingwerk und seine Lebensader" von 1996, in der viele vom Messingwerker Arnold Kuchenbecker gesammelte Gegenstände und Unterlagen präsentiert wurden. Weitere Ausstellungen im Eberswalder Rathaus, in der Sparkasse Barnim und in der Adler-Apotheke folgten. Die Stadtverordneten beschlossen, den gesamten Bereich der Messingwerksiedlung als Denkmal unter Schutz zu stellen.

Aus dem Festkomitee des im Jahr 2000 groß begangenen Jubiläums »300 Jahre Messingwerk« bildete sich im Jahr 2003 der »Förderverein Finower Wasserturm und sein Umfeld e.V.« Wieder war es Arnold Kuchenbecker, der maßgeblichen Anteil daran hatte, die Pläne zur Sanierung des Turm und seiner Begehbarmachung umzusetzen. Neben dem Turm sollten auch die Häuser am Gustav-Hirsch-Platz, die alte Schule, das Torbogenhaus sowie die Kupferhaussiedlung saniert werden.

Viele Bürger und Unternehmen haben durch ihr Engagement die Sanierung des ganzen Komplexes angeschoben, bis sich schließlich die Stadt Eberswalde als Besitzerin des Wasserturms zu ihrer Verantwortung bekannte und Fördermittel für die Sanierung beantragte. Spektakulärer Auftakt der Turmkopfsanierung war - noch vor Mitwirkung der Stadtverwaltung - Mitte Oktober 2004 die Aufbringung des Umganges, einer komplett am Boden vorgefertigten Metallkonstruktion der Fa. Metallbau Finow, die mittels Autokran aufgesetzt wurde. Das ermöglichte potentiellen Sponsoren einen begeisterten Blick vom Wasserturm.

Nach dem Außenumbau und der Sanierung des Mauerwerks (2005/2006) erfolgte der Innenausbau mit der Elektroanlage, der Betonsanierung, der Einsetzung denkmalgerechter Scheiben und den Malerarbeiten. Am 4.12.2007 wurde der Wasserturm nach denkmalgerechter Sanierung feierlich der Öffentlichkeit übergeben. Zwei Jahre später erfolgte die Einweihung des Museumsbereiches im ehemaligen Wasserbehälter und wieder zwei Jahre später spendierte das Land Brandenburg einen modernen Personenaufzug, der einen weitgehend barrierefreien Zugang ermöglicht. Eine Nutzungsvereinbarung zwischen der Stadt Eberswalde und dem Förderverein regelt eine Öffnung des Bauwerkes an drei Tagen in der Woche: Freitag, Sonnabend und Sonntag von 10-17 Uhr.

Ein bißchen mehr Aufmerksamkeit für den Finower Wasserturm täte nicht schlecht, meint Karl-Dietrich Laffin. Viele Eberswalder waren noch nicht ein einziges Mal auf der Aussichtsplattform und auch die Stadt Eberswalde, der eigentlich der Turm gehört, könnte sich etwas aufnahmebereiter die Sorgen und Nöte der Museumsbetreiber anhören. Daß der Wasserturm Finow das ultimative touristische Highlight der Region ist, daran kann jedenfalls kein Zweifel bestehen. Vielleicht wäre ein Shuttle-Bus vom Eberswalder Marktplatz bis zum Wasserturm während seiner Öffnungszeiten eine gute Idee - man kann mit seinen Pfunden ruhig mal wuchern ...

(jg/gm) - 18. Mai 2018

Quellen:
»Der Wasserturm in Finow - vom Reißbrett zum Regionalmuseum«, Juli 2016 - Herausgeber: Förderverein Finower Wasserturm und sein Umfeld e.V. mit Unterstützung der Stadt Eberswalde, Amt für Wirtschaftsförderung und Tourismus - Autor: Karl-Dietrich Laffin (nach Aufzeichnungen von Arnold Kuchenbecker)
»Walzwerk im Finowtal«, 2017 - Herausgeber: Geschichtswissenschaftliches Institut Eberswalde e.V. - Autor: Kurt Berus




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