In Zukunft wird man, wenn es nach den Plänen des Landkreises geht, länger auf seinen Bus warten müssen.
Ob es auch "Gut für den Barnim", speziell für das Brandenburgische Viertel ist, was sich der Landkreis in seinem neuen Verkehrskonzept ausgedacht hat, muss sich noch zeigen.
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Auf Empfehlung von Forschern:
Optimierung des ÖPNV zu Lasten unseres Kiezes?
maxe. Ein Forschungsprojekt der TU Dresden im Rahmen des europäischen "Eliptic"-Programms sollte Vorschläge für eine Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs in und um Eberswalde erarbeiten. Aufgabe der Untersuchung war, das Angebot an Verkehrsdienstleistungen mit dem Rückgang der Bevölkerung in Einklang zu bringen.
Das Zielverkehrsnetz für Eberswalde entwarfen die Dresdner Forscher folgendermaßen: die beiden O-Bus-Linien von Nordend bzw. Ostende nach Finow bleiben bestehen; sie sollen jedoch im Takt vereinheitlicht werden. Statt des bisherigen 12-min-Taktes am Morgen und am Nachmittag ist ein einheitlicher Takt von 15 min geplant. Damit stehen in Stoßzeiten nur noch 4 Busse pro Stunde und Linie zur Verfügung statt fünf. Das bedeutet eine Verringerung der Verkehrsleistung in den kritischsten Stunden des Tages um 20 Prozent. Am Abend, in den Stunden zwischen zwischen 20 und 23 Uhr, sollen dafür drei Busse mehr eingesetzt werden. Über den gesamten Tag gerechnet ergibt sich damit eine Verringerung der Fahrten einer Linie von 72 auf 68 (Montag bis Freitag).
Desweiteren ist geplant, durch den Wechsel der Linienbezeichnung am Kleinen Stern - d.h. ein Ostender wird zum Nordender und umgekehrt - eine Obusfahrt pro Stunde einsparen zu können. Der freiwerdene Obus soll auf der Strecke Südend-Markt-Hauptbahnhof-Eisenspalterei-Finowfurt eingesetzt werden. Allerdings erfordert das eine Nachrüstung der Barnimer Obus-Flotte mit Batterien, denn auf den Außenstrecken gibt es keine Oberleitung mehr, und sie ist auch nicht vorgesehen. Für den unbedarften Betrachter erklärt sich die Einsparung des Obusses eher aus der Verringerung des Taktes von 12 auf 15 Minuten bei den beiden Hauptlinien. Damit werden sogar zwei Obusse pro Stunde freigesetzt. Der Takt nach Finowfurt bleibt wie bisher bestehen: 30 min in Stoßzeiten, ansonsten 60 Minuten bis etwa 20 Uhr.
Weitergehende Vorschläge für die Verbesserung von anderen Linien sieht sich der Landkreis Barnim außerstande durchzuführen, aus Kostengründen. So entfällt die Verlängerung der Linie 864 von der Clara-Zetkin-Siedlung kommend, die die Verkehrplaner vom Hauptbahnhof weiter bis zum Gropius-Krankenhaus führen wollten. Auch eine neue Linie zur Anbindung des Industriegebietes wird nicht umgesetzt.
Bleiben die Änderungen bei den Linien 861, 862 und 910. Für die Busfahrer wird es sicher problematisch werden, in einer Tour auf zwei Linien zu fahren: sie müssen dann abwechselnd in der einen Stunde am Markt nach Nordend abbiegen, in der anderen wiederum nach Ostende. Für die ohnehin schon gestreßten Fahrer/innen bedeutet dies eine Mehrbelastung, die wirklich gerechtfertigt sein muss. Auch für die Fahrgäste wird dann nicht klar sein, ob der O-Bus, in den sie eingestiegen sind, auf allen Stationen hält, oder ob sie einen "Finowfurter" erwischt haben, der nur ausgesuchte Haltestellen anfährt.
Alles in allem bietet der neue Barnimer Verkehrsplan wenig Substanzielles: außer, daß auf der Strecke nach Finowfurt Dieselbusse durch O-Busse ersetzt werden, wird das Angebot im Brandenburgischen Viertel gerade in der Rushhour stark reduziert. Die Annahmen zur Entwicklung der Einwohnerzahl der Barnimer Waldstadt beruhen dabei auf veralteten Zahlen. Mittlerweile setzt sich jedoch ein positiver Trend durch, auch hier im Kiez: die Bevölkerung Eberswaldes wuchs von 2015 bis 2017 um 3 Prozent von 40.073 auf 41.308 Einwohner*. Eine Einschränkung des ÖPNV-Angebots im sowieso schon benachteiligten Ortsteil erscheint angesichts der neuen Entwicklung mehr als fraglich.
21. Juli 2017
* Vergleich der Zahlen vom 30.06.2015 und 30.06.2017 der mit Hauptwohnsitz gemeldeten Einwohner in Eberswalde; Quelle: Stadtverwaltung
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